Freitag, 12. Oktober 2007

Brautag: Jörg's Dunkel & Düster

Die Anreise war etwas eigen - nicht nur das der Nieselregen für die Intervallschaltung zu stark und für die nächste Stufe zu schwach war, eine einsame Fahrt von Korneuburg nach Wels gibt Zeit zum Denken. Wird der morgige Sud gelingen? Welche Frage! Verbotene Gedanken sozusagen.

Um 20h15 treffe ich als erste "auswärtiges" Brauteammitglied bei der Brauerei ein. Herzliche Begrüßung ob der zeitgerechten Ankunft zum Vor-Reinigen der Brauanlage. Weil ein leerer Magen aber nicht gerne arbeitet wird von Helga noch eine Stärkung kredenzt. Es lebe die Werksküche!

Frisch gestärkt machen wir (Braumeister Jörg und ich als brautechnischer Geselle) uns auf in die unendlichen Weiten des unterirdischen Brauereigewölbes. Natürlich werden zuerst die Erungenschaften unserer "Bastel- und Verschönerungswochenendes" vom August von mir bewundert. Die automatiche Füllstandkontrolle zu unserem Heißwasserbehälter funktioniert sehr gut, die Wärmeisolierung am Maischebottich ist zwar noch nicht mit Edelstahl verkleidet, erfüllt ihren Zweck aber bereits ausgezeichnet. Die neuen zusätzlichen Naßraum-Steckdosen sind bereits ebenso willkommen, wie das gute Gefühl, den Not-Aus-Schalter am Steuerpult voll einsatzfähig zu wissen. So nebenbei bemerkt, ist in der Zwischenzeit die Waschmaschiene aus dem Brauereigewölbe entfernt worden; naja, man sucht sie zumindest vergebens ;-)

Maische-Bottich und Sudkessel sind bald gereinigt und Jörg überwacht persönlich die exakte Schrottung der Malze. Ein "Jörg's Dunkel & Düster" soll morgen bereitet werden. Eine Rezeptur für die neue Brauanlge existiert noch nicht. Der letzte Sud zu diesem Biertyp liegt über 5 Jahre zurück und wurde auf der "alten" Brauanlage gekocht. Nach einiger Zeit ist das Rezept von Jörg für die Brauanlage adaptiert. Erstmals soll dabei auch "Wiener Malz" verwendet werden.

Nach diesem "lustigen" Teil der Brautätigkeit steht uns noch richtige Arbeit bevor: Die Auswahl unserer Biere, welche für zum "Festival der Biervielfalt" bei der Staatsmeisterschaft der Haus- und Kleinbrauer einreichen wollen. Helga unterstützt die Auswahl mit der vollen Kraft ihrer psychologischen Ausbildung und richtet uns in dieser schweren Stunde der Bewertung immer wieder auf. Wie soll man das eine Kind dem anderen vorziehen? Alle Biere sind sie einzigartig, mit viel Liebe zum Detail gebraut und mit Argusaugen in ihrem gährungsmäßigen Erwachsenwerden beobachtet.

Das erst jüngst von Jörg und seinem Nachwuchs Christoph gebraute "Hefebartl" stellt sich sofort als Fixstarter zum Bewerb heraus. Ja, richtig! Christoph hat beim Hefebartl-Brauen Anfang September seine ersten brauereischen Erfahrungen gemacht und aktiv am Gelingen des Sudes mitgewirkt. Bravo, man kann nicht früh genug anfangen, sich für die Veredelung von Getreide zu interessieren. Christoph mit seinen acht Jahren ist ein Quell des Stolzes und der Freude für unseren Braumeister.

Das Festlegen der "Selektion Jörg's Brauerei" für die Meisterschaft gestaltet sich schwierig - ist die Faß- oder Flaschenvariante die edlere? Im Lauf des Abends steht uns Christian Bauer telefonisch aus Wien mit Rat und (virtueller Tat) zur Seite. Schlußendlich steht die Auswahl zum Einreichen fest und wir nicht mehr so. Eine Käseplatte gibt uns Kraft! Zum Knabbern gibt's verschiedenste Malze. Ein absolut bieriger Abend geht am frühen Morgen zu Ende und nach einem Fläschen unserer Honigbock Bieres wird es Zeit. Morgen um 9h soll's mit dem Einmeischen losgehen.

13.10.2007
Während Jörg pünktlich um 9h mit dem Einmaischen beginnt vollzieht sich für mich das Undenkbare. Es zu denken ist beinahe unmöglich, darüber zu sprechen würde die Zunge verdorren lassen, darüber zu schreiben die Tinte verblassen lassen. So kann nur in diesem elektronischen Medium darüber berichtet werden, dass ich erstmals den Braubeginn verschlafen habe. Um 9h20 weckt mich der unverkennbar herrliche Duft geschrotteten Malzes, der aus den Tiefen der Brauerei das Haus zu erfüllen beginnt. Schnell noch eine Tasse Kaffee und das Brauen kann auch für mich losgehen.

Nach den Einmeischen gibt's kurze Zeit die Gelegenheit zu Frühstücken und etwas feste Nahrung aufzunehmen bevor wir mit der ersten Infusion starten. Recht ruhig verlaufen die Minuten der ersten und zweiten Infusion. Kurz nach 10h trifft auch Robert ein und das Brauteam ist beinahe vollzählig mit seiner zweitliebsten Tätigkeit beschäftigt: Brauen!

Die Dekoktion verläuft plangemäß und wie üblich verstopft beim Zurückführen der Maische aus der Dekoktion der Ablauf. Ob uns in Zukunft eine Saugglocke beim Erhalten des Durchflusses helfen könnte? Wir sollten es jedenfalls für das nächste Mal in Betracht ziehen und eine Saugglocke ausschließlich für diesen Zweck besorgen.

Als wir schon mit den Abläutern beginnen wollen, bemerken wir, dass wir "beinahe" auf die Farbmalzzugabe vergessen hätten. Das Abläutern beginnt deshalb mit 30 Minuten Verspätung. Das gibt natürlich sofort Gelegenheit über das Programmieren einer "Alarm-Funktion" nachzudenken!

Das Sichtglas zeigt recht bald die Klarheit der Würze an und das Abläutern in den Sudkessel kann beginnen. Der Nachguß beginnt um 12h54 und die Kombination Sichtglas, Läuterbottich- und Nachguß-Zulauf gibt Anlaß über technische Verbesserungen zu diskutieren - es kommt ja wieder ein Brauwochenende, an dem etwas gebastelt und verbessert werden kann. Dieses Brauwochenende kommen bereits einige Neuerwerbungen von Jörg zum Einsatz. So gibt's für das Ansetzen der Hefe einen schönen neuen 2-Liter Erlenmeyer Kolben und ein 5-Liter Messbecher erleichtert die Arbei ebenfalls.

Das Tröpfeln der Würze in den Läuterbottich ist eines der schönsten Geräusche! Man fragt sich, ob es dieses Geräusch oder doch die Biere vom Vorabend sind, die immer wieder dazu aufrufen, der Funktion des menschlichen Durchlauferhitzers Tribut zu zollen ;-)

Um 13h30 ist das Abläutern beendet und während die Würze im Sudkessel langsam zu kochen beginnt begeben wir uns in die Werksküche und stärken uns für das was unausweichlich folgen wird: Die Reinigung der Kessel!

Während Robert schon den Maischebottich leert, spült Jörg den Gegenstromkühler und den Gärkessel erst basisch und anschließend sauer.

Die Ausbeute unseres Sudes ist mit 20,2°P Stammwürze vielversprechend. Die Menge ist mit 86 Litern Würze auch überraschend viel.

Der "Wirlpool" im Sudkessel häuft die festen Anteile zu einem Kegel auf und wenn sich der Sud beruhigt hat geht's mit dem Sud in den Gärkessel.

Auf dem Weg zwischen Sud- und Gärkessel leistet unser Gegenstromkühler gute Arbeit und kühlt die Würze auf die gewünschte Gärtemperatur.


Nach dem Ausschlagen wird die Würze im Gärkessel noch mit Verdünnungswasser auf die gewünschte Stammwürze von 11,8° eingestellt.



Jetzt ist die Hefe am Werk und wir spielen mit dem reinen Wasser weiter - Putzen ist angesagt.



Um 17h ist das Werk vollbracht. Die Gärkühlung läuft, Bottich, Kessel und Gerätschaften sind geputzt und wir belohnen uns mit einem köstlichen Hefebartl, dessen zarter Bananenduft uns verzückt!


Prost, bis zum nächsten Bräu!

Sämtliche Fotos zu diesem Brauevent kann man natürlich in unserem Web-Album betrachten :-)


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